Heft 4/2018: Bundesteilhabegesetz
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
rund 30 Jahre konnte ich als Geschäftsführer im BeB (bzw. des einen Teils seiner Vorgängerorganisation, dem VEEMB) Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie im Sinne unserer Mitglieder mit gestalten. 30 Jahre, die geprägt waren von immer wieder neuen Impulsen von innen und von außen. Ziel war es als bundesweiter diakonischer Fachverband zum einen, mit klarer sozialpolitischer Lobbyarbeit Profil zu zeigen und zum anderen, unsere rund 600 Mitglieder im Bereich Behinderung und/oder psychischer Erkrankung zu unterstützen.
Die aktuelle Ausgabe der Orientierung befasst sich mit der wichtigsten und nachhaltigsten dieser Veränderungen, dem Bundesteilhabegesetz. In den Artikeln dieses Heftes wird deutlich: vieles ist (noch) im Fließen und im Schwung. Deutlich wird auch: Teilweise gibt es hoch unterschiedliche Einschätzungen, Erwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen zu denselben Sachverhalten und Fragestellungen.
Diese Bandbreite und dieses Spannungsfeld haben mich in meinem gesamten Arbeitsleben in unserem Fachverband begleitet.
Die Orientierung habe ich dabei immer als Impulsgeber erlebt, die informierend, aus der Praxis beschreibend, grundsätzlich abwägend, mutig und auch kontrovers - immer zu einem Schwerpunktthema - Stellung bezogen hat. Dabei war es mir als Geschäftsführer immer wichtig, den Redaktionskreis sehr unabhängig arbeiten zu lassen. Ich danke an dieser Stelle den verschiedenen Vorsitzenden und Vorständen des BeB, die diese Autonomie immer unterstützt und mitgetragen haben, gerade auch dann, wenn die Orientierung ein kritisches Thema aufgegriffen hatte, und Reaktionen, auch unter der Gürtellinie, aufgefangen und bearbeitet werden mussten.
Ich gehe nun Ende des Jahres in den Ruhestand. Dem BeB wünsche ich weiterhin aktive Mitglieder, denn eine große Stärke unseres Verbandes ist der direkte Bezug zur Praxis durch die handelnden Personen im Vorstand und den Verbandsgremien, die hervorragend ergänzt werden durch die hoch engagierten und motivierten hauptamtlich Mitarbeitenden in der Verbandsgeschäftsstelle in Berlin.
Der Orientierung wünsche ich auch für die Zukunft
- im Redaktionskreis eine gute Hand für die richtigen und wichtigen Themen,
- Autor(innen), die am Puls der Zeit sind,
- und vor allem Sie: Leserinnen und Leser, die die Themen wahrnehmen, aufgreifen,
weiterentwickeln.
So kann Orientierung auch in Zukunft dazu beitragen, die Praxis der Begleitung von Menschen mit Unterstützungsbedarf weiter zu entwickeln.
In diesem Sinne grüßt herzlich
Ihr
Rolf Drescher
Editorial und Inhaltsverzeichnis (PDF-Datei, 68 kb)
Autoren dieser Ausgabe
Coester, Ruth , Referentin im BeB, Berlin, www.beb-ev.de
Conty, Michael, Geschäftsführer in der Stiftung Bethel, ist seit vielen Jahren auf Bundesebene für die Fachbände für Menschen mit Behinderung und den Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) sowie für die Diakonie RWL landesbezogen in NRW an der Entwicklung und Umsetzung des BTHG beteiligt. Derzeit leitet er u.a. das Projekt „Umsetzung des BTHG“ in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel.
Dahlmann, Udo, Werkstattratvorsitzender, Nordthüringer Werkstätten g.GmbH, Nordhausen, www.nordthueringer-werkstaetten.de und Vorsitzender des Beirates der Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung beim Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e. V., Berlin beirat-mmb@beb-ev.de, www.beb-ev.de
Graf-Fischer, Gisela, Bereichsleitung Wohnen in der Samariterstiftung Behindertenhilfe Ostalb, Aalen
Gronau, Beate, Seit 1981 in der Diakonie Himmeltshür tätig. Fachbereichsleitung der Tagesförderstätten in der Region Hildesheim
Grosch, Constantin, AbilityWatch e. V., Aktivist, Kreistagsabgeordneter, Student der Soziologie, Hameln, www.grosch.co
Hellstern, Helmut, Vorsitzender des Vereins „Unabhängige Beratungsstelle Schwäbisch Hall“, der die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) im Landkreis Schwäbisch Hall betreibt
Herrlich, Martin, Evangelische Fachschule für Heilerziehungspflege Schwäbisch Hall, www.hepschule-sha.de und Redaktion Orientierung www.beb-orientierung.de
Lampke, Dorothea, Dipl Sozialarbeiterin (FH), Politikwissenschaftlerin, Koordinatorin BTHG-Projekt, Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württem-berg e. V., Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e. V., www.liga-bw.de, www.diakonie-wuerttemberg.de
Neuhöfer, Karin, tätig als Dipl. Sozialpädagogin und Peer Counselorin ISL im Café 3b, Integrative Beratungs- und Begegnungsstätte für Menschen mit Behinderungen. Bielefeld, www.cafe3b.de
Pella, Jeannette, Bereichsleiterin Eingliederungshilfe der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal und Geschäftsführerin bei leben lernen gGmbH am EDKE, Berlin, www.lebenlernen-berlin.de, www.lobetal.de
Plehn, Jörg, Dipl.-Ing., Geschäftsführer proTeam Himmelsthür gemeinnützige GmbH (anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen), Hildesheim www.pth-himmelsthuer.de.
Schmachtenberg, Dr. Rolf, leitete bis März 2018 als Ministerialdirektor die Abteilung V „Teilhabe – Belange von Menschen mit Behinderungen, Soziale Entschädigung, Sozialhilfe“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und hat das Verfahren zur Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes intensiv miterlebt und mitgestaltet. Dr. Schmachtenberg ist jetzt Staatssekretär im BMAS. In seiner Zuständigkeit sind nun neben den Aufgaben der Abteilung V auch die Bereiche Sozialversicherung und Rente (Abteilung IV) sowie die europäische Sozialpolitik
Schummer, Uwe, seit 2002 Mitglied des Bundestages für die CDU, seit dieser Legislaturperiode Vorsitzender der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe im Deutschen Bundestag , davor war er der Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Menschen mit Behinderung; in dieser Funktion war er am Entstehungsprozess des BTHG beteiligt Strototte, Heike, Geschäftsfeldleitung Arbeit &Qualifizierung, Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen, www.diakonie-kreis-re.de
Tappe, Christine, Diplom-Pädagogin, Abteilungsleitung, Stiftung Bethel, Bethel.regional, DLT Beratung, Hilfe- und Teilhabeplanung
Tichy, Klaus-Dieter, Diplom-Kaufmann, Vorstand in der Ev. Stiftung Hephata, Mönchengladbach, www.hephata-mg.de
Timpe, Kai-Raphael, Geschäftsführer Berufs- und Fachverband Heilpädagogik (BHP) e. V. (BHP), Berlin, www.bhponline.de
Wesener, Angelika, seit 2006 in der Werkstatt tätig, bis 2008 im Berufsbildungsbereich, dann in der Produkiton, seit 2016 Bürohelferin. Aktiv im Werkstattrat und als Frauenbeauftragte, proTeam Himmelsthür gemeinnützige GmbH, (anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen), Hildesheim, www.pth-himmelsthuer.de.
Weyl, Wilfried, Schriftführer des BAB im BeB
Autorenverzeichnis und Impressum (PDF-Datei, 75 kb)
Leseproben
Das fehlt uns noch!
Das sagt der Beirat der Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung beim BeB
Udo Dahlmann, Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung beim BeB, Nordhausen
Seit dem 1. Januar 2017 gibt es ein neues Gesetz für alle Menschen mit Behinderungen. Das Gesetz heißt: Bundes-Teilhabe-Gesetz (BTHG). Bei der Entstehung waren auch Vertreter(innen) des Beirates der Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen beim BeB beteiligt. Nun begleitet der Beirat kritisch die Umsetzung des Gesetzes. Beim 5. Rheinsberger Kongress im Februar 2018 wurden die Schwachstellen markiert.
Das fehlt uns noch!
(PDF-Datei, 238 kb)
ICF als Grundlage individueller Bedarfsermittlung
Kernherausforderung Partizipation
Christine Tappe, Bethel.regional, Bielefeld
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) reformiert das deutsche Recht im Sinne der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Zentral dabei ist die Neudefinition des Behinderungsbegriffs, der sich am Antidiskriminierungsansatz sowie dem Verständnis einer inklusiven Gesellschaft der UN-BRK und dem bio-psychosozialen Modell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientiert. Im Zusammenhang mit der Bedarfsermittlung erhält die ICF (Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) eine zentrale Bedeutung. Eine Kernherausforderung wird im Gesamtprozess die Partizipation der Leistungsberechtigten.
ICF als Grundlage individueller Bedarfsermittlung
(PDF-Datei, 76 kb)
Teilhabepotenziale entdecken
Veränderte Anforderungen an Fachkräfte in der Eingliederungshilfe
Kai-Raphael Timpe, Berufs- und Fachverbands Heilpädagogik (BHP) e. V., Berlin
Zu keinem Zeitpunkt der Entstehung des Bundesteilhabegesetzes stand das Thema der Fachkräfte im Zentrum der Diskussion. Wenn überhaupt, so ist es dann beleuchtet worden, als einzelne Leistungstatbestände und die
Anforderungen an die Träger der Eingliederungshilfe konkretisiert bzw. entwickelt wurden. Kai-Raphael Timpe, Geschäftsführer im BHP, stellt aus der Perspektive eines Berufs- und Fachverbandes dar, welche veränderten
Anforderungen sich für Fachkräfte in der Arbeit mit Menschen mit (drohenden) Behinderungen aus dem BTHG ergeben. Timpes Fazit: Damit Fachkräfte die Herausforderungen meistern und gestalten, braucht es auch in
Zukunft qualifizierte Ausbildung.